Familie und Beruf

Kinderbetreuung und Karriere: Warum beides möglich sein muss

Bild: ChatGPT

„Eine funktionierende Kinderbetreuung ist weit mehr als eine persönliche Entlastung für Eltern – sie ist der Grundstein für Chancengerechtigkeit und sozialen Wohlstand.“

— Clara Resch MdL

In einer Gesellschaft, die die Balance zwischen Familie und Karriere ermöglichen will, ist eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Kinderbetreuung eine unverzichtbare Grundlage. Clara Resch, Landtagsabgeordnete für Heidenheim und Handwerkspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion, setzt sich aktiv für dieses Anliegen ein und beleuchtet im Interview, wie wichtig es ist, dass „Kinder gut betreut sind, damit Eltern entspannt und effektiv arbeiten können.“ Für Resch ist klar: Ohne eine zuverlässige Kinderbetreuung kann eine Familie kaum Beruf und Familie erfolgreich unter einen Hut bringen – und das gilt besonders für Eltern in Branchen, die Flexibilität und Zuverlässigkeit fordern.

Das Land kämpft für mehr Fachkräfte

Der Fachkräftemangel steht im Spannungsfeld mit einem wachsenden Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung, oft aufgrund familiärer Betreuungsaufgaben. Während Männer zunehmend eine gleichberechtigte Aufteilung der Care-Arbeit anstreben, bleibt die Hauptlast der Betreuung bei Frauen, die daher häufig Flexibilität am Arbeitsplatz priorisieren. In Baden-Württemberg gibt es Defizite in der Kinderbetreuung, vor allem bei unter 3-Jährigen, trotz eines verhältnismäßig guten Betreuungsverhältnisses. Lösungen wie internationale Fachkräfte und alternative Betreuungskonzepte sollen dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Studien wie der „Kita-Fachkräfte-Radar 2023“ belegen, dass die Fachkräftesituation in Kitas bundesweit angespannt ist, was sich direkt auf die Verfügbarkeit von Betreuungsplätzen auswirkt. Gerade hier ist es für Resch entscheidend, dass die Politik gegensteuert: „Wir brauchen mehr Kitaplätze und vor allem mehr qualifiziertes Personal.“ Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Betreuungsquote steigern, sondern auch die Qualität der Betreuung sichern, was für viele Eltern ein zentraler Aspekt ist. 

Die Lage im Land

In Baden-Württemberg besucht nur etwa ein Drittel der Kinder unter drei Jahren eine Kita, obwohl die Nachfrage deutlich höher ist: 45 % der Eltern wünschen sich einen Betreuungsplatz. Trotz dieser Versorgungslücke erfüllt das Land als einziges Bundesland das empfohlene Verhältnis von einer Betreuungsperson pro drei Kinder in dieser Altersgruppe.

In Baden-Württemberg fehlen aktuell rund 59.400 Kita-Plätze. Bis 2025 werde voraussichtlich noch 14.800 mehr fehlen. Um den Bedarf zu decken und die kindgerechten Personalschlüssel zu gewährleisten, wären 28.400 zusätzliche Fachkräfte nötig, was Kosten von etwa 1,2 Milliarden Euro verursachen würde. Der Mangel ist in städtischen Gebieten besonders ausgeprägt.

Besondere Herausforderungen im Handwerk

Das Handwerk, eine Branche, die traditionell eher als „nicht familienfreundlich“ gilt, könnte durch betriebliche Kinderbetreuungsangebote ebenfalls von den politischen Entwicklungen profitieren. „Kurze Wege zwischen Kita und Arbeitsplatz erleichtern den Wiedereinstieg nach der Elternzeit“, sagt Resch. Durch flexible und betriebsnahe Kinderbetreuung könnten Handwerksbetriebe dem eigenen Fachkräftemangel gezielt entgegenwirken, indem sie qualifizierte Fachkräfte in der Region binden und Rückkehrern nach der Elternzeit den Einstieg erleichtern. Für einzelne, vor allem kleinere Unternehmen sei es freilich sehr schwierig, betriebliche Kinderbetreuung umzusetzen. Ein Modell, das die Handwerkspolitische Sprecherin im Blick hat sind gemeinsame, betriebsübergreifende Kinderbetreuungen, die auch für kleinere Betriebe realisierbar wären. Damit, so Resch, könnten Familien und Arbeitgeber gleichermaßen entlastet werden – auch im Handwerk.

Gesellschaftliche Erwartung an Frauen

Ein weiteres großes Hindernis in der Realität vieler Eltern ist die gesellschaftliche Erwartung an Frauen. Resch spricht offen an, dass Frauen teils weniger Berufschancen erhalten, weil Arbeitgeber Mutterschaft und Elternzeit als Hürden wahrnehmen. Das führt zu weniger Karrieremöglichkeiten und langfristig zu Einkommens- und Rentenlücken. Für Clara Resch steht fest: „Frauen müssen die Chance haben, ihre Kinder betreuen zu lassen und gleichzeitig ihren beruflichen Weg zu verfolgen.“ Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei für Frauen daher nicht nur ein Thema der Gleichberechtigung, sondern auch der sozialen Sicherheit.

Resch wünscht sich ein Umdenken in der Gesellschaft: „Auch mehr Männer müssen Elternzeit nehmen. Denn wenn die Care Arbeit immer nur die Frauen übernehmen, werden auch immer nur Frauen mit Kinderbetreuung assoziiert. Gleichzeitig muss die unbezahlte Care-Arbeit, die Frauen oftmals Jahrzehnte leisten, honoriert werden.“ Dieser Schwachpunkt im sozialen System sei eine wesentliche Ursache für Altersarmut. 

Abschließend fasst Resch die Bedeutung einer guten Kinderbetreuung zusammen: „Qualität ist das Wichtigste!“ spricht die grüne Abgeordnete aus ihrer persönlichen Erfahrung als Mutter. „Ich brauche ein ruhiges Gewissen, sonst mache ich es nicht. Und viel Verständnis vom Arbeitsumfeld, wenn das Kind doch mal mitgebracht werden muss, wenn die Oma auch durchs Haus läuft oder wenn man absagen muss weil das Kind krank ist.“ Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist somit nicht nur ein persönliches Anliegen, sondern ein gesamtgesellschaftlicher Auftrag, der die Zukunft von Wirtschaft, Gesellschaft und Chancengleichheit gleichermaßen prägen wird.