Familie und Beruf

Strukturwandel für ein familienfreundlicheres Handwerk

Sieht es im realen Leben wirklich so utopisch wie in diesem Fantasiebild aus, wenn auch Mütter ihren Traum vom Handwerksberuf erfüllen wollen? (Mit dem Comic-Beil werden wir auch nicht weit kommen.). Bild: ChatGPT
Durch flexible Arbeitsmodelle kann das Handwerk familienfreundlicher und damit attraktiver für Frauen und Nachwuchskräfte werden.

„Es würden sicherlich mehr Mütter im Handwerk arbeiten, wenn es ihnen ermöglicht würde, ihre Arbeit flexibler zu gestalten.“

Clara Resch MdL, Handwerkspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion

Arbeitswelten nach New-Work-Konzepten, remote arbeiten, flexible Arbeitszeiten – von solchen Ansätzen ist oft in den Fachmedien zu lesen, wenn es um Lösungsansätze für den Fachkräftemangel und den fehlenden Nachwuchs geht. Doch lassen sich solche Ideen im Handwerk wirklich umsetzen? Sind familienfreundliche Arbeitsmodelle auf dem Bau oder in einer Bäckerei überhaupt praktikabel? Ein Gespräch mit der handwerkspolitischen Sprecherin der grünen Fraktion im Landtag Baden-Württemberg, Clara Resch.

Familienfreundliche Strukturen sind nicht nur gut für die Arbeitenden, sondern auch für die Betriebe, selbst im Handwerk. Allerdings sind die Herausforderungen in diesem Wirtschaftsbereich besonders vielschichtig, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie geht.

„Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist im Handwerk ein sehr heikles Thema“, erklärt Resch. Erwartungen in dieser Hinsicht würden viele Handwerksbetriebe vor fast unlösbare Herausforderungen stellen. „In vielen Handwerksbranchen sind flexible Arbeitszeiten schwer umsetzbar,“ betont die Heidenheimer Abgeordnete. „Wenn eine Baustelle um sieben Uhr morgens beginnt, dann geht’s zu dieser Zeit eben los.“ Auch Homeoffice oder Gleitzeit seien in den meisten Handwerksberufen schwer denkbar. „Vielleicht müssen wir im Handwerk eher über Teilzeitlösungen nachdenken“, schlägt Resch vor.

Mütter brauchen Flexibilität

Wie könnte das Handwerk dennoch von familienfreundlicheren Arbeitsmodellen profitieren? „Ganz klar, das Handwerk könnte mehr Fachkräfte gewinnen“, unterstreicht Resch. „Es würden sicherlich mehr Mütter im Handwerk arbeiten, wenn es ihnen ermöglicht würde, ihre Arbeit flexibler zu gestalten.“

Job-Sharing und betriebliche Kinderbetreuung 

Resch verweist auf erfolgreiche Modelle aus anderen Wirtschaftsbereichen: „Stellen teilen, also aus einer Vollzeitstelle zwei 50-Prozent-Stellen machen,“ erläutert sie. „Eine betriebliche Kinderbetreuung, idealerweise auch direkt im Betrieb, wäre eine enorme Erleichterung für Mütter im Handwerk. Doch das können viele kleine und mittelständische Betriebe kaum leisten.“

Bürokratieabbau und mehr Fachkräfte – zwei Schlüssel zum familienfreundlicheren Handwerk

Die handwerkspolitische Sprecherin hat jahrelang eng mit ihrem Vorgänger, dem Handwerksmeister und ehemaligen Abgeordneten Martin Grath, zusammengearbeitet und an seiner Seite zahlreiche Handwerksbetriebe besucht. Sie tauscht sich regelmäßig mit den Innungen vor Ort und auf Landesebene aus. Aus dieser Erfahrung weiß sie genau, welche politischen Maßnahmen dringend nötig sind, um das Handwerk attraktiver für Familien zu machen. „Bürokratieabbau!“ sagt sie ohne Zögern. „Mehr Zeit für die eigentliche Arbeit und mehr Zeit für die Familie,“ so Resch. Mehr Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt würden es zudem ermöglichen, dass Mitarbeiter ihre Stellen teilen können.

Größere Hürden für Frauen

Die Hürden, den Traumhandwerksberuf zu ergreifen, sind für Frauen besonders hoch. Wie beschrieben, sind flexible Arbeitszeiten in vielen Bereichen schlicht unrealistisch. Zudem erfordern viele Aufgaben im Handwerk harte körperliche Arbeit, was vor allem für Frauen im oder nach dem Mutterschutz eine Herausforderung sein kann. 

Was können Politik, der Handwerkssektor und die Frauen selbst also tun, um das Handwerk familienfreundlicher zu gestalten? „Mehr Frauen ins Handwerk!“, kommt die klare Antwort von Resch. „Ich selbst merke als Mutter in meinem Beruf: Wenn man einfach vorangeht, dann muss sich die Umgebung zwangsläufig anpassen – und so können langfristig die Strukturen verändert werden.“